Widerspruch zur 3. Genehmigung zum vorzeitigen Beginn

Widerspruch gegen die Zulassung der 3. Genehmigung zum vorzeitigen Beginns Nr. 30.078.Z2/19/3.24G/T13 vom 26.5.2020 im Genehmigungsverfahren nach BImSchG.

Zur Begründung:

1. Im Urteil des Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg 11. Senat vom 20.02.2020 Az. OVG 11 S 8/20 wird für die Zulassung vorzeitigen Beginns gemäß §8a BImSchG folgendes zugrunde gelegt:

Zitat:

” 14 1. Die vorläufige Zulassung betrifft den Beginn der Errichtung der Anlage.

15 Unter dem Begriff des Beginns sind Maßnahmen zu verstehen, die sich wieder rückgängig machen lassen und bei denen das Risiko der Rückabwicklung den weiteren Entscheidungsprozess nicht unangemessen belastet. Dabei ist neben der technischen Möglichkeit der Rückgängigmachung vor allem zu berücksichtigen, in welchem Maße getätigte Investitionen entwertet würden. Daneben steht ferner die Überlegung, dass durch die Schaffung vollendeter Tatsachen der Rechtsschutz Dritter gegen das Vorhaben wenn nicht rechtlich, so doch faktisch an Effektivität einbüßen könnte. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die in § 8a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG geregelte Wiederherstellungspflicht des von der vorläufigen Zulassung begünstigten Vorhabenträgers in einen systematischen Zusammenhang mit dem Begriff des „Beginns“ der Errichtung gestellt werden muss; auch dieser Zusammenhang spricht dafür, die Zulassung auf solche Maßnahmen zu beschränken, deren Rückgängigmachung technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 1991 – 7 C 35/90 –, Rn. 13 ff., juris; Scheuring/Wirths in Führ, GK- BImSchG, § 8a, Rn. 105). “

Zitat-Ende.

Die genehmigten Maßnahmen verstoßen zum Teil gegen die vom Gericht dargelegten Grundsätze für Genehmigungen nach §8a BImSchG.

So ist bspw. kein Verfahren bekannt, mit dem in einem Wasserschutzgebiet eine Baugrundverdichtung wieder rückgängig gemacht werden kann. Durch die Baugrundverdichtung wird die Leitfähigkeit und Speicherfähigkeit der verdichteten Bodenschichten für Niederschlagswasser bzw. Grundwasser erheblich beeinträchtigt.

Desweiteren findet sich im Bescheid nirgendwo ein Hinweis, auf welche Art und Weise der Rückbau der Fundamente konform zu den Regelungen der Wasserschutzgebietsverordnung erfolgen soll, falls die endgültige Genehmigung für das Vorhaben nicht erteilt werden kann.

2. Angesichts immer neuer auftauchender Probleme verwundert das Aufrechterhalten der “positiven Prognose” als Grundlage für das Erteilen der Zulassung vorzeitigen Beginns gemäß §8a BImSchG.

2.1 Hier soll stellvertretend die mittlerweile allgemein bekannte Notwendigkeit einer Pfahlgründung großer Teile der geplanten Fabrik – deren erste Ausbaustufe sich komplett im Wasserschutzgebiet Zone 3A befindet – genannt werden.

Laut Verordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk Erkner, Wasserfassungen Neu Zittauer und Hohenbinder Straße

vom 21. März 2019 – §3 Ziffer 20 ist hier verboten:

” das Errichten, Erweitern oder Erneuern von

a. Bohrungen, welche die gering leitende Deckschicht über oder unter dem genutzten Grundwasserleiter verletzen können,

b. Grundwassermessstellen oder

c. Brunnen, …”

Wie soll also bitte eine Pfahlgründung mit den Regelungen der Wasserschutzgebietsverordnung vereinbar sein? Geht man etwa davon aus, dass hier keine obere Deckschicht des Grundwasserleiters vorhanden ist und diese demzufolge auch nicht durchstoßen werden kann?

2.2 Gemäß der jüngst bestätigten Wasserrahmenrichtlinie der EU (2000/60/EG) gilt ein sogenanntes “Verschlechterungsverbot”, d. h. der Zustand von Gewässern, seien es Oberflächen-Gewässer oder Grundwasser, darf durch Baumaßnahmen nicht verschlechtert werden.

Die Qualität und Quantität des Grundwassers im Einzugsbereich des Wasserwerkes Erkner verschlechtert sich jedoch durch Bau und Betrieb der geplanten Fabrik voraussichtlich erheblich. Dazu im einzelnen:

2.2.1 Durch die Versiegelung von ca. 3 qkm Fläche wird die Quantität der Grundwasserneubildung erheblich beeinträchtigt. Die Versickerung des erheblich schadstoffbelasteten Dachflächenwassers ist voraussichtlich nicht möglich. Dies gilt voraussichtlich auch für das Dachflächenwasser des GVZ Freienbrink Süd.

2.2.2 Die Qualität des Grundwassers im Einzugsbereich des Wasserwerkes Erkner wird sich schon im Regelbetrieb durch Schadstoffeintrag von Luftschadstoffen und deren Versickerung mit dem Niederschlagswasser voraussichtlich stark verschlechtern.

2.2.3 Die Konsequenzen eines Störfalles sind dagegen unabsehbar. Hier besteht ein Gefahrenpotential über den Einzugsbereich des Wasserwerkes Erkner hinaus auch für die Trinkwassergewinnung der Berliner Wasserwerke in der Müggelseeregion.

2.2.4 Schon die Abholzung des Waldbestandes im Bereich der geplanten Fabrik bewirkt durch die verlorengegangene Filterwirkung der Vegetation eine erhebliche qualitative Verschlechterung des Grundwassers. WSG-VO Erkner § 3 Ziffer 17 verbietet denn auch die Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart, “ausgenommen soweit für die Umsetzung von Vorhaben im Geltungsbereich der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung rechtskräftigen Bebauungspläne erforderlich”. Diese Klausel steht allerdings im Widerspruch zur RL 2000/60/EG

Insbesondere deren Anwendung für ein solches großräumiges Industriegebiet läuft dem Ansinnen eines WSG komplett zuwider.

2.2.5 Dgl. gilt für die Entfernung der belebten Bodenschicht. Hier geht die komplette Filterwirkung der belebten Bodenschicht verloren. Bei dem hier vorliegenden unbedeckten Grundwasserleiter geht damit jeder Schadstoffeintrag ungefiltert ins Grundwasser. Dies stellt einen völlig unhaltbaren Zustand dar und läuft Sinn und Zweck eines Trinkwasserschutzgebietes völlig zuwider.

Gemäß § 3 Ziffer 20 WSG-VO Erkner ist das Errichten, Erweitern oder Erneuern von Bohrungen, welche die gering leitende Deckschicht über oder unter dem genutzten Grundwasserleiter verletzen können, verboten.

Die belebte Bodenschicht bildet in diesem Sinne die “Deckschicht” des Grundwasserleiters. Diese wurde nicht nur durchbohrt, sondern komplett entfernt.

Wie kann dies überhaupt mit § 3 Ziffer 20 WSG-VO Erkner vereinbar sein?

2.3 Fazit: Durch Bau und Betrieb einer Industrieanlage inmitten eines Wasserschutzgebietes wird der zu schützende Grundwasserkörper in erheblichem Maße beeinträchtigt. Dies ist unter anderem unvereinbar mit der Wasserrahmenrichtlinie der EU (2000/60/EG).

Das Aufrechterhalten der “positiven Prognose” als Grundlage für das Erteilen der Zulassung vorzeitigen Beginns gemäß §8a BImSchG ist damit nicht mehr nachvollziehbar.

3. Noch immer ist die ursprünglich für den 18.3.2020 vorgesehene öffentliche Erörterung der Einwendungen gemäß UVP-Gesetz nicht erfolgt – die Corona-Pandemie kann hier nun wohl nicht mehr als Grund herhalten!

Auf der anderen Seite wird eine Zulassung vorzeitigen Beginns nach der anderen erteilt – die gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung wird hier praktisch umgangen.

4. Es ist nicht erkennbar, wer die zahlreichen Nebenbestimmungen der Zulassung vorzeitigen Beginns kontrollieren soll, wenn schon nicht einmal die Kontrolle der Betankungsvorschriften in einem Wasserschutzgebiet gelingt.

Aus den vorgenannten Gründen möchten wir Sie auffordern, die Zulassung vorzeitigen Beginns Nr. 30.078.Z2/19/3.24G/T13 vom 26.5.2020 gemäß Kap. VI Ziffer 2. der Zulassung zurückzuziehen.