Am 12.05.2022 fand im Haus der Demokratie und Menschenrechte eine Veranstaltung des Berliner Wasserrats zu dem Thema TESLA-Gigafactory, Elektromobilität und Klimawandel: Auf der Suche nach einer adäquaten Mobilitätswende statt. Wolfgang Lohbeck war der Hauptreferent des Abends.

Wolfgang Lohbeck arbeitete über Jahrzehnte als Mobilitätsexperte der Umweltorganisation Greenpeace. Er war Anfang der 90-iger Jahre Mitentwickler des Niedrigverbrauchsautos „smile“. Seine auf Wissen und Fakten basierende Analyse des möglichen Wertes batteriegetriebener Automobile ist im Folgenden zu lesen:

Wolfgang Lohbeck: Klimaretter auf Abwegen

„Elektroautos retten das Klima“. Diese Feststellung begleitet uns täglich auf allen Kanälen. Sie bleibt nahezu unwidersprochen und ist Grundlage für zahllose wirtschaftliche und politische Entscheidungen. Medien und Politik stützen das Heilsversprechen vom „Klimatetter E- Auto“, und auch Umweltverbände stimmen dem fast geschlossen zu.

Im Namen des “Klimaretters” Elektroauto werden Fakten geschaffen, die ohne diese Rechtfertigung nicht nur als wirtschaftspolitisch abenteuerlich, sondern teilweise auch als umweltpolitisches Verbrechen eingestuft würden, wie nicht nur die diversen Methoden beim Rohstoffabbau, sondern insbesondere das Beispiel TESLA eindrucksvoll belegen.

Ein Industriekomplex mitten im Wasserschutzgebiet, mit völlig unabsehbaren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt einer ganzen Region, mit hunderten von Hektaren abgeholztem Wald und der immerhin denkbaren Verseuchung des Berliner Trinkwassers dank Abwasser-Einleitung direkt in die Spree wäre kaum durchsetzbar ohne die Rechtfertigung -oder sollte man sagen: das Totschlagargument- dass immerhin das Endprodukt, ein E- Auto der Oberklasse, uns dabei hilft, das Klima zu retten.

Für ein Produkt, das völlig neue Probleme mit sich bringt, vom Ressourcenbedarf, den lokalen Förderbedingungen, dem zusätzlichen Strombedarf und der Infrastruktur bis hin zum ungeklärten Massen-Recycling muss die “Klima- Messlatte” also ziemlich hoch liegen, wenn es trotz all der unbeantworteten und teilweise derzeit gar nicht beantwortbaren Fragen als „Klimaretter“  durchgehen soll, nicht nur bei Tesla. Da sollte das Elektroauto schon einen glasklaren, massiven und vor allem schnellen Beitrag zum Klimaschutz beisteuern, oder zumindest zur CO2- Einsparung (Denn auch Klimaschutz ist nicht allein CO2- Einsparung).

Ist dem denn wirklich so? 

Beginnen wir mit einem kleinen Apercu. Wir vergleichen zunächst den Energieinhalt einer Batterie mit, zum Beispiel, dem eines Liters Kraftstoff. Wenn wir vor uns einen Liter Diesel, also 850 Gramm, sehen, von der Größe einer Raviolidose, dann sind darin etwa 9 Kilowattstunden (kWh) Energie enthalten. Um die gleiche Energie in einer modernen Lithium-Ionen Batterie zu speichern, brauche ich dafür statt 850 Gramm 85 Kilo, also statt einer Konservendose etwa 8 bis 9 große Eimer voll –  das Hundertfache. Wir sind also gerade dabei, einen extrem effizienten gegen einen der schlechtesten Energieträger auszutauschen. Faktor hundert. Das hat natürlich Konsequenzen.

Direkter Vergleich Auto – Auto

Beginnen  wir mit dem scheinbar Naheliegensten: wir vergleichen unmittelbar Verbrauch und CO2 Ausstoß eines E-Autos (Battery Electric Vehicle, BEV) mit dem eines Verbrenners (Internal Combustion Engine, ICE). Obwohl dies doch eine leichte Übung sein sollte, beginnt hier oft schon die Crux: es werden Modelle miteinander verglichen, die nicht vergleichbar sind. So vergleicht etwa der E- Auto Protagonist Prof. Auke Hoekstra von der TU Eindhoven einen elektrischen Porsche Taycan, ein Serienauto der Oberklasse, mit dem absolut singulären “Traumauto” von Ferdinand Piech, einem Bugatti Veyron mit 1200 PS, von dem nur wenige Einzelexemplare gebaut wurden. Weniger absurd, aber auch unzulässig: der Vergleich eines Tesla 3, dem kleinsten Tesla, der eher einem Golf entspricht, mit einem Passat, dem Familienauto, wie Fernsehprofessor Harald Lesch es tut.

Oder es werden unzutreffende Umrechnungswerte (von Kraftstoff zu CO2) oder andere Parameter (etwa der CO2-Ausstoß im deutschen Strom-Mix) herangezogen. Auch dabei unterläuft sogar dem ansonsten seriösen Fernseh-Professor ein Fehler: Zur Berechnung des CO2- Ausstoßes eines Benziners (VW Passat) zieht Harald Lesch den Umrechnunsfaktor für Diesel statt für Benzin heran, der ist (mit 2,65 statt 2,35) immerhin 13% höher und treibt den CO2- Ausstoß des Verbrenners um 2 Kilo/ 100 km nach oben. 

Trotz dieser manchmal offen manipulativen Ansätze (was ich Herrn Lesch nicht unterstelle) ist es aber trotzdem so, dass bei vergleichbaren Autos, etwa einem Golf oder Polo mit ihren jeweiligen E-Pendants, das E-Auto auf den ersten Blick einen deutlichen Vorteil hat. Auch dann, wenn wir dem E-Auto, wie es der ADAC tut, nicht den Verbrauch der Hersteller zubilligen, sondern ca 10% Ladeverluste  (also Strom, der nicht in Bewegung, sondern in Wärme umgewandelt wird) zuschlagen, und dem Benziner die „Vorkette“ der Spritproduktion „Well-to-wheel“, also von der Ölquelle bis zum Rad (nach  ADAC: 15% ,  EU-Kommission: 21%), liegt die E- Variante vorn. Der Vorteil ist eindeutig: knapp 10 Kilo CO2 auf 100 km beim E- Golf (22,8 kWh/100, 420 gr CO2 Strommix, nach UBA), zu 12,6 Kilo beim Verbrenner. Und das ist, zugegeben, noch ein eher günstig erscheinender Vergleich. Bei anderen Modellen fällt der Vorteil für den Stromer noch deutlicher aus, beim  Vergleich des VW ID3 mit dem Benziner Polo sind es relative drastische 8 zu 14 Kilo, bei dem -nicht wirklich statthaften- Vergleich eines Tesla 3 mit einem Passat bei Harald Lesch  sind es -nach Korrektur des fehlerhaften Umrechnungsfaktors-  immerhin knapp 6 zu 16 Kilo. (Beim eher angemessenen Vergleich mit dem neuen Golf 2.0 TDI 11 sind es dann allerdings nur noch 11 Kilo beim Verbrenner, nicht 16, und auch nicht 18, wie bei Lesch).

Die Ergebnisse des direkten Vergleichs E-Auto zu Verbrenner unterscheiden sich also erheblich, je nach getroffenen Grundannahmen hinsichtlich der verglichenen Modelle, dem angenommenen Strommix, der Vorkette, der angenommenen Fahrleistungen und anderer Parameter. Wir können aber festhalten, dass trotz der extrem breiten Schwankungen das E- Auto zunächst einen ziemlich klaren Vorteil hat, man kann hier wohl dem E- Auto pauschal und überschlägig ein Drittel weniger CO2 zubilligen. Das Bild ändert sich aber erheblich, wenn man beim E- Auto einen Faktor einbezieht, den die E- Befürworter, zumindest bis 2017, dem Erscheinungsjahr einer einschlägigen Studie, geflissentlich “vergessen” hatten.

Ein echter Hammer: Die Batterieproduktion

Mit der Einbeziehung der „Vorkette“ beim Benziner/  Diesel und den Tankverlusten beim E-Auto ist es nicht getan: denn in Sachen “Vorkette“ beim Stromer kommt ein Bündel von Faktoren in den Blick, die die Bilanz des scheinbar sauberen E-Autos ins Wanken bringt: die Batterieproduktion. Dabei werden enorme Energiemengen verbraucht, sowohl in Form von Öl/ Gas wie von Strom. Jeweils etwa zur Häfte werden fossile Brennstoffe beim Bergbau, der Extraktion, Zerkleinerung und Konditionierung der Ausgangsstoffe mit hohen Temperaturen von teilweise über 1000 Grad benötigt, sowie Strom für die Hightech- Prozesse, und für Wärme und Trocknung der Produktionsräume.

Im Mai 2017 kam dieser finstere Aspekt des “sauberen” E- Autos auch für eine breitere Öffentlichkeit in den Blick durch eine Studie des angesehenen Schwedischen Umwelt Instituts IVL („The Life Cycle Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium- Ion Batteries“, M. Romare, L. Dahlöff). Diese ist m.E. die bis dahin einzige das gesamte Geschehen und alle damals (2017) verfügbaren Daten vorhandener anderer Studien zusammenfassende Untersuchung. Diese Studie, der man kaum Voreingenommenheit unterstellen kann, kam zu dem Ergebnis, dass pro kWh in der Batterie gespeicherter Energie 150 bis 200 Kilo CO2 im Herstellungsprozess anfallen (Mittelwert 175 kg/kWh). Bei einer (eher kleinen) 50 kWh- Batterie, wie etwa bei den kleinen Varianten des Tesla Model 3 oder des Golf ID3 (mit 58 kWh als kleinstem Akku) sind das ca. zehn Tonnen CO2, die angefallen sind, bevor das Auto auf die Straße kommt. Das E-Auto hat also, bevor es auch nur einen einzigen Kilometer gefahren ist, zehn Tonnen CO2 emittiert, bei einem Tesla Y (80 kWh an Bord) oder einem Daimler EQS (107 kWh) sind es entsprechend mehr, durchaus bis über 20 Tonnen pro Auto. (Anmerkung: Die CO2- Emissionen, die bei der Herstellung des übrigen Autos anfallen, beim Verbrenner wie beim E-Auto, werden hier nicht berücksichtigt, sie sind beim BEV und beim ICE vergleichbar).

Bis ein (Verbrenner-) Golf 10 Tonnen CO2 im normalen Betrieb emittiert hat, kann er mehr als 70.000 Kilometer oder ca 5 Jahre lang fahren. Bis dahin hat das E-Auto also MEHR CO2 emittiert, obwohl es null Kilometer gefahren ist. Nun stösst aber das BEV -sofern es fährt und nicht steht- auch im normalen Betrieb seinerseits weiteres CO2 aus, zwar etwas weniger als der Verbrenner, aber diese CO2- Emissionen aus dem Fahrbetrieb kommen obendrauf auf den “Rucksack” von –je nach Batteriegröße- ca 10 Tonnen. Beim Tesla Y oder dem Daimler EQS sind es dann, bei entsprechend größerer Batterie, nicht 10 Tonnen, sondern 16 oder 22 Tonnen CO2. Bis der Emissionsvorteil des BEV im Fahrbetrieb sich soweit auswirkt, bis das BEV den Verbrenner “eingeholt” hat trotz seines Sockels von mehreren Tonnen CO2, vergehen, etwa beim E- Golf, weitere 10 Jahre. Erst nach 15 Jahren ist der E- Golf dann genauso “gut” (oder schlecht) wie sein Verbrenner- Pendant. Fünfzehn Jahre, also praktisch das gesamte Autoleben, wenn denn der E- Golf überhaupt solange lebt, oder auch seine Batterie. Denn wenn die Batterie nicht mindestens 15 Jahre oder 200.000 Kilometer durchhält und während des Gebrauchs eine zweite nötig sein sollte, wird die Bilanz des E- Fahrzeugs katastrophal.

Die Rechnung dazu ist einfach:

Der V- Golf mit seinen (laut ADAC und inkl. Vorkette) 4,8 Litern Diesel – hier besonders üppig angenommen mit 5,5 Litern – produziert auf 100 km 14,5 kilo CO2, im Jahr (bei 14000 km) ca 2 Tonnen, in 15 Jahren also 30 Tonnen.     Der E- Golf produziert im Jahr bei gleicher Kilometerleistung, bei einem Verbrauch (nach ADAC) 22,8 kWh/100 km und einem Strommix von 420 gr CO2/ kWh (für das Jahr 2021, nach UBA) nur 1,35 Tonnen CO2. In 15 Jahren also –nur im reinen Fahrbetrieb- also ca 20 Tonnen. Er ist im Betrieb also ein Drittel günstiger, was CO2 angeht. Wenn ich diese 20 Tonnen auf den schon vorhandenen “Sockel” von ca 10 Tonnen aus der Batterieproduktion packe, steht der E- Golf nach FÜNFZEHN JAHREN in etwa so gut da wie der Verbrenner. Wie gesagt, wenn er bzw. seine Batterie solange durchhalten. Eine niederschmetternde Bilanz.

Diese Studie, die überhaupt erstmals die CO2-Folgen der Batterieherstellung einem breiten Publikum dargelegt hat, hatte 2017 enorme Verunsicherung ausgelöst, die E- Protagonisten waren fassungs- und sprachlos. Bei der Präsentation auf dem “Daimler Sustainability – Dialogue“ im November 2017 war ich zugegen und konnte erleben, wie der Saal totenstill wurde bei dieser für die E- Befürworter „krassen“ Hiobsbotschaft, die mit einem Schlage die bis dahin als selbstverständlich geltende Sicht des E-Autos als Klimaretter zunichte machte: wo ist in Sachen CO2 die Existenzberechtigung eines Autos, das praktisch über die gesamte Lebenszeit  nicht eindeutig besser, sondern eher schlechter dasteht als ein normaler Verbrenner? Dennoch, keine Häme gegen die Autoren, kein Versuch, die Studie lächerlich zu machen: Zu schlagend waren die Zahlen und Argumente.

Es muss danach im Hintergrund sehr rumort haben, denn unmittelbar danach -sicherlich nicht ohne großen äusseren Druck- entschlossen sich die Autoren, ihre Studie zu „überarbeiten“. Das Ergebnis der „Überarbeitung“, nur eineinhalb Jahre nach Erscheinen der Originalstudie, war erstaunlich: statt maximal 200 kg CO2 pro verbauter kWh nun plötzlich nur nur noch die Hälfte, bis zu 100 Kilo (Mittelwert 85 kg). Wie konnte das sein?

Die E-  Szene jubilierte: “Forscher haben sich verrechnet“, oder „Schweden haben nachgerechnet und korrigieren sich“ titelte es von den Magazinen und den Sprachrohren der E- Lobby.  Auch Elektro- Promoter Auke Hoekstra triumphierte: Die „überarbeitete“ Studie  „…halves CO2-Backpack of Electric Vehicles!“, weil angeblich die CO2- Emissionen bei Produktion inzwischen drastisch gesunken wären.  Das war glatter Unsinn, die Realität war eine andere: Die Forschenden hatten sich weder „verrechnet“ noch haben sie sich „korrigiert“. Sie haben überhaupt nichts, kein Jota, an der ursprünglichen Studie revidiert. Sie haben, und  das ist ohne äusseren Druck kaum nachvollziehbar, und ohne jede inhaltliche Änderung, schlicht zwei Annahmen verändert: zum einen gingen sie einfach „mal so“ davon aus, dass der für die Herstellung benötigte  Energieanteil in Form von Strom, also ca 50%, „grün“ sei- in China. Eine atemberaubende Annahme, für die die Wissenschaftler*Innen auch keine plausible Erklärung lieferten, im Gegenteil. Im Text heißt es wörtlich: „..which is not common yet, but likely will be in the future“. Likely will be in the future.…Wann die „wahrscheinliche Zukunft“ vollständig grünen Stroms in China anbricht, verschweigen die ForscherInnen. Aber die neue Annahme vom grünen Strom erlaubte es, fast die Hälfte des entstandenen CO2 einfach wegzulassen.

Auch den Aufwand fürs Recycling, immerhin 15 kg/ kWh,  haben die Forscher, ohne jede Begründung, „weggelassen“. Wenn man nicht annimmt, dass der Strom in China „grün“ ist und Recycling mitbetrachtet wissen will, wird man nach wie vor wohl von den trostlosen bis zu 200 Kilo CO2/kWh ausgehen müssen. In der öffentlichen Diskussion hat sich gleichwohl der -nach meiner Einschätzung eindeutig manipulative, da ausschließlich auf die Änderung der Grundannahmen zurück zu führende- niedrigere Wert festgesetzt, was auch beabsichtigt war. (Andere Forschungseinrichtungen, etwa die Forschungsstelle für Energiesysteme, FfE, haben sich ebenfalls inzwischen auf die –wiewohl nicht plausibel begründete- niedrige Variante eingependelt: Die FfE kommt auf 103 kg CO2/kWh, SAC geht von 137 aus,  Die Universität der Bundeswehr von 83,5 kg CO2/kWh, Hoekstra -der „Ausreißer“ nach unten- postuliert 75 kg/kWh).  Sie alle pendeln also um den Mittelwert der   („revidierten“)  schwedischen Studie mit ihren 85 Kg i.M. Und dieser Wert, wir erinnern uns, kam nicht durch neuere Daten oder Korrektur von  „Rechenfehlern -wie unterstellt-zustande, sondern allein durch Weglassen der Hälfte des Strombedarfs unter der „Annahme“, dieser sei zu 100% grün.

Natürlich wird versucht, diesen gewaltigen „CO2- Rucksack“ klein zureden.  Dazu werden die günstigst möglichen Annahmen miteinander kombiniert: Eine kleine Batterie etwa  (z.B. 40 kWh, obwohl die Tendenz massiv zu immer größeren Akkus geht), oder die Grundannahme hundertprozentig “grünen” Stroms in China. Damit kann man durchaus auf einen “nur” noch 4 Tonnen schweren CO2- Rucksack pro Auto kommen. Und wenn man dann “vergisst”, dass auch das E- Auto im normalen Betrieb CO2 produziert (wenn auch weniger als der Verbrenner), oder dessen Verbrauch mit dem europäischen (statt deutschen) Strommix inklusive Atomstrom berechnet (wie es Prof. Hoekstra tut) kann man zur Behauptung gelangen, nach weniger als 3 Jahren sei der CO2- Rucksack “abgefahren“; eine beschönigende und im Kern falsche Behauptung. Denn zum Einen wird entstandenes CO2 buchstäblich “nie” abgefahren, es verbleibt -für ein paar hundert Jahre- in der Atmosphäre. Der Sockel von mehreren Tonnen CO2 belastet die gesamte Nutzungszeit des Elektroautos, denn auch bei E-Autos kommt weiteres CO2 aus dem Fahrbetrieb obendrauf. Sie sind dabei nur etwas besser als Verbrenner, aber keineswegs “klimaneutral” unterwegs.

Wir halten fest: E-Autos stoßen im direkten Vergleich deutlich weniger CO2 aus als Verbrenner, ich gehe hier von einem Verbrauchsvorteil von etwa einem Drittel pro E- Auto aus. Bei Einbeziehung der Batterieherstellung trübt sich das Bild oder kehrt sich gar ins Gegenteil. Ob über die gesamte Lebensdauer überhaupt noch ein CO2- Vorsprung bleibt, ist mehr als fraglich und hängt von diversen Annahmen (Fahrleistung, Lebensdauer der Batterie,  Vergleichbarkeit von Automodellen, Annahmen zur Batteriegröße, Annahmen über “grünen” versus Kohle- etc.- Strom) ab. Und es kommt noch etwas hinzu:

Der größere Rahmen:

Wir haben bisher die beiden Varianten, BEV und ICE, unmittelbar bzw. innerhalb ihres eigenen Sektors, des Verkehrs, betrachtet. Der zusätzliche Strombedarf für 15 Mio. E- Autos (Aussage bzw. Ziel der Koalition) im Jahr 2030, etwa 40 Terawattstunden (40 Milliarden Kilowattstunden) oder knapp 9 % des derzeitigen Stromverbrauchs, hat natürlich Auswirkungen auf das übrige Energiesystem, über den Verkehrssektor hinaus. Und da verdunkelt sich das strahlende Bild vom grünen Klimaretter weiter.

Eine der Prämissen der Energiewende ist, dass jede „grüne” Kilowattstunde so eingesetzt werden sollte, dass sie möglichst viel CO2 ersetzt. Man kann eine grüne kWh also –zum Beispiel- dafür einsetzen, eine Kilowattstunde aus Kohle zu ersetzen, die (kombinierter Wert Steinkohle/ Braunkohle)  etwa 960 gr CO2 verursacht. Das erspart -nach Abzug des Aufwands für die Herstellung erneuerbaren Stroms, denn auch das kostet ja CO2- etwa 890 gr CO2/ kWh (Berechnung SAC, White Paper, 2020)

Dieselbe kWh kann ich darin investieren, Verbrennungsmotoren durch E-Autos zu ersetzen. Dann kann ich (bei durchschnittlich 20,8 kWh/100 km), mit einer kWh 4,8 km weit fahren. Ich spare, nach Berechnung von SAC, 4,8 mal 176 gr CO2. 176 gr CO2 ist der mittlere Wert der CO2 Emissionen aus deutschen Dieselautos im Jahr 2019, wobei darin zusätzlich die Emissionen der „Vorkette“ mit 21 % (nach EU- Kommission) enthalten sind. Dafür laufen natürlich die Kohleemissionen weiter. Inklusive des Aufwands für den „grünen“ Strom und dem Zuschlag für die Batterieproduktion ergibt sich die beachtliche Differenz von ca 50 gr CO2  pro gefahrenem Kilometer. Durch die Investitionen des grünen Stroms in E-Autos anstelle des Ersetzens von Kohle werden so bis 2030 ca 60 Millionen Tonnen mehr CO2 entstehen als bei direkter Substitution von Kohle. Bei ca 800 Millionen Tonnen jährlicher CO2- Emissionen in Deutschland mag dies eine wenig ins Gewicht fallende Menge sein. Aber diese Betrachtung zeigt, dass E- Autos, über die beunruhigenden Verhältnisse bei der Produktion der Batterien hinaus und erst recht in Beziehung zum Energiesystem, kein Gramm CO2 vermeiden, sondern im Gegenteil MEHR CO2 verursachen. Die angeblichen  Klimaretter sind auf Abwegen und entpuppen sich als möglicherweise besonders CO2- Intensiv.

Machen E-Autos abhängig?

Die einfache Antwort: Ja. Akkus benötigen neben den Trägersubstanzen von Kathode und Anode, meist Aluminium und Kupfer,  eine grosse Zahl diverser Metalle. Eine 50 kWh- Batterie hat neben jeweils ca 8 bis 10 Kilo Kupfer, Aluminium, Lithium, Kobalt und allein 35 Kilo Nickel auch noch Mangan und diverse sogenannte „seltene Erden“ mit speziellen Leitungseigenschaften an Bord. Allein die rein mechanisch notwendige Umhüllung der Batterie gegen „shock- events“ aus Aluminium wiegt ca 250 Kilo. Die weltweite Nachfrage hat in den letzten Jahren bei einigen Metallen  um das 10 fache angezogen, bei Nickel hat sie sich verzwanzigfacht, dementsprechend explodieren gerade die Preise, Tendenz weiter steigend.

Die mit dem Abbau/der Gewinnung der Metalle verbundenen Umweltauswirkungen wurden in letzter Zeit zunehmend zum Thema. Dabei standen vor allem Lithium und Kobalt im Mittelpunkt.

Lithium ist das leichteste aller Metalle  und wegen seiner elektrischen Eigenschaften für Batterien in nächster Zukunft unentbehrlich. Es kommt vorwiegend aus zwei Weltregionen, aus Australien und dem „Lithium- Dreieck“ Chile, Argentinien, Bolivien. Das größte Einzelvorkommen wird in Bolivien vermutet, und die Produktionskosten dort liegen erheblich unter denen des Lithiums aus dem derzeitigen Lieferland Nr.1,  Australien. Das spricht beides für einen enormen Zuwachs der Lithium – Ausbeutung aus den Tiefen zum Beispiel der Atacama- Wüste in Chile. Es wird Lithium-haltige Sole nach oben gepumpt und getrocknet. Große Mengen Grundwasser aus umliegenden Regionen fliessen nach und lassen den Grundwasserspiegel in riesigen Gebeten absinken, ganze Landstriche veröden. VW meint klarstellen zu müssen, dass das alles zwar unschön ist, aber auch nicht neu, da es ja  auch vor der E-Mobilität schon Lithium- Abbau gab. Das ist richtig, aber dass es einen Unterschied macht, ob 1000 Tonnen abgebaut werden oder das Hundertfache, wird nicht angesprochen. Zu den drohenden und manifesten Grundwasserproblemen meint VW, das die unterirdschen Wasserflüsse ja „noch nicht ausreichend erforscht“ seien.

Die Produktion des Lithiums in Australien ist aufwendiger und teurer, aber auch weniger umweltschädich, das Metall wird „klassisch“ im Bergbau abgebaut.

Auch wenn derzeit mehr als die Hälfte des Lithiums aus Australien kommt, wird sich der Schwerpunbkt in den nächsten Jahren wohl nach Südamerika verlagern. Der Abbau von Lithium aus europäischen Quellen, im Erzgebirge oder in Portugal, wird zwar diskutiert und erscheint denkbar, aber nur in marginalen Größenordnungen. Schon jetzt kündigen Branchenexperten eine Verfünffachung des Bedarfs in den nächsten Jahren  und dementsprechend eine drastische Verknappung des Metalls auf den Weltmärkten an.

Kobalt ist ein weiterer Problemstoff., wenn auch aus anderen Gründen. Hier stehen vor allem die Abbaumethoden im Zentrum der Kritik, weil im großen Stil Sklaven- ähnliche Verhältnisse und Kinderarbeit vorkommen. Die primitiven und mit bloßen Händen gebuddelten Stollen sind gefährlich und wegen der großen Enge offenbar gerade für Kinder „geeignet“, ähnlich den Methoden im Bergbau des frühen Kapitalismus im Neunzehnten Jahrhundert. Die Verringerung des Bedarf an Kobalt wurde aufgrund der lauter werdenden Kritik inzwischen von der Herstellern selbst als strategisches Ziel ausgegeben, und der Anteil Kobalt pro Batterie geht zurück, eine „Null- Kobalt- Strategie“ ist bei Tesla und anderen im Gespräch. Das ist zwar gut, hat aber auch Konsequenzen. Eine geringere Energiedichte und damit wiederum höheres Gewicht der Batterien sind ein Preis. Der andere: Ein wesentlicher „Treiber“ für das wirtschaftliche Interesse am Recycling fällt in sich zusammen,  denn gerade der Wiedergewinnung des Kobalts gilt das Interesse der Wirtschaft. Auch wenn sich wegen des Hochlaufs der E- Mobilität am Gesamtbedarf von Kobalt (und den damit verbundenen Arbeitsbedingungen) wenig bis nichts ändern dürfte (Aussage im Daimler Nachhaltigkeits-Symposium Feb 2022), wird sich wegen des spezifisch geringeren Kobaltanteils das Interesse am Recycling gerade dadurch eher verringern (Daimler, ebenda).

Dabei ist nicht „nur“ der enorme Bedarf an diversen Metallen das alleinige Problem: Hinzu kommt die unerfreuliche Tatsache, dass wir über die meisten dieser Rohstoffe nicht selbst verfügen. Lithium kommt aus Australien und in Zukunft vor allem aus  Bolivien und Chile. Kobalt nahezu ausschließlich aus dem Kongo, wobei die Minen ebenso wie die gesamte Liefer – und Verarbeitungskette in chinesischer Hand sind. China hat bei einzelnen Metallen ein Monopol von bis zu 90%. Beim  Nickel ist die Industrie vollständig abhängig von Indonesien und den Philippinen (deren Regierung bekanntlich soeben von dem extrem Rechten und Sohn des Gewaltherrschers Marcos übernommen wurde). Bei der Zellfertigung haben allein die beiden chinesischen Hersteller CATL (Contemprary Amperex Technology Ldt.) und  BYD (Build Your Dreams) einen Anteil von über 60 Prozent, den Rest teilen sich überwiegend weitere chinesische und asiatische Hersteller.

Die Abhängigkeit von, unter anderem, China wird enorm zunehmen, und es deutet sich bereits an, dass China diese Abhängigkeit „des Westens“ durchaus politisch nutzen dürfte.  In einer auf Konfrontation gerade gegenüber China ausgerichteten Weltpolitik sollte es eine Überlegung wert sein, wieweit man sich in diese zunehmende neue Abhängigkeit begibt. Das betrifft nicht nur die zu erwartenden Preise, sondern könnte durchaus bis zu Lieferboycotts als politische Waffe gehen. Die Folgen der Abhängigkeit von Russland bekommen wir soeben schmerzlich zu spüren, jetzt begeben wir uns sehenden Auges in eine vielleicht noch größere Abhängigkeit von einem im Konfliktfall wohl nicht weniger aggressiv aufgestellten China. Die Süddeutsche Zeitung fragte gerade (SZ vom 31.05.) in diesem Zusammenhang sinngemäß: „Wird China für uns bald das neue Russland?“

Infrastruktur

Der Bedarf an großen Mengen zusätzlichen (grünen) Stroms ist nicht das alleinige Problem, auch wenn -siehe oben- der massenhaft Zubau an Solar- und Windkraft beim Ausbau der E- Mobilität eben nicht in erster Linie der Vermeidung schmutziger Energiequellen dient, sondern der Deckung des Bedarfs eines neuen gigantischen Zusatzverbrauchers. Für die benötigten mindestens 40 Terawattstunden 2030, für dann 15 Mio E- Autos, werden -über die heute vorhandenen ca 30.000 Windräder hinaus- ca 10.000 (manche Schätzungen sprechen auch von 30.000)  zusätzliche Windräder neuerer Generation benötigt (Ein modernes Windrad versorgt ca 1500 bis 2000 BEV).

Zwar ist der reine, unmittelbare Flächenbedarf dieser ca 10.000 zusätzlichen  Anlagen mit 200 Quadratkilometern (2 ha pro Windrad, einschließlich Zuwegung etc.) überschaubar. Herr Habeck hat als Ziel allerdings ausgegeben, dass „2% der Landesfläche“ für Windkraft vorgehalten werden sollen. Das wären dann 7000 km2. („Wind-an-Land-Gesetz, Januar 2022). Da wären dann auch z.B. Abstandsflächen etwa innerhalb von Windparks enthalten.

Unter der Annahme, dass angesichts eher steigenden Widerstands gegen weitere Windräder diese eher dort gebaut werden, wo der Widerstand gering ist, werden die allermeisten also im Wald stehen. Aus den 2% Landesfläche wären wir dann schnell bei 4 oder mehr Prozent der Waldfläche. Da im einschlägigen Gesetz nicht ausgeführt ist, was genau mit  „2% der Landesfläche“ gemeint ist, mag man sich zunächst an die unmittelbar für Bau, Erschließung und Wartung der Anlagen benötigte Fläche von 200 km2 halten, was im Verhältnis zu den mehr als hunderttausend km2 Wald gering erscheint. Dabei wird aber übersehen, dass es für den dringend nötigen Natur- und Artenschutz nicht allein um die Netto-Fläche geht, sondern um zusammenhängende Flächen. Und die umfangreichen Erschließungen werden die ohnehin stark zerschnittenen Wälder weiter zerstückeln und als Lebensraum für viele Arten unbrauchbar machen. Es ist sehr traurig, dass gerade „Grüne“ (Parteien ebenso wie Verbände) den Wald nur noch unter Energie- Gesichtspunkten sehen, und seine Rolle für den Natur-und Artenschutz eher zu verdrängen scheinen. Aber selbst unter Klimaschutz-Aspekten wäre eine Erhaltung oder Vitalisierung der „CO2- Senke“ Wald dringend geboten, anstatt ihn auf dem Altar der „Windkraft für Autos“ zu opfern.

Neben dem reinen Strombedarf sind es die bis 2030 benötigten  ca 500.000 bis 800.000  (privaten und öffentlichen) Ladepunkte, an denen  es derzeit noch fehlt  und die zwischen einigen Hundert Euro (Wallbox 3,7 kW), 8.000 Euro (öffentliche Ladestation 11 kW) bis zu 80.000 Euro (Schnelladestation 150 kW, nach Ludwig-Bölkow-Stiftung) pro Stück kosten. Dafür allein wird mit über 40 Milliarden Euro Kosten gerechnet. Dazu kommen flächendeckend tausende von neuen Umspannstationen für die lokal benötigte Niedrigspannung. Denn wenn in einer Wohnstrasse 10 Teslas oder EQCs gleichzeitig laden, bricht das Netz zusammen. Die reinen Infrastrukturkosten (ohne Ausbau der Windenergie) werden sich nach Berechnungen von SAC für 10 Mio E-Autos auf 70 bis 80 Milliarden Euro belaufen, bei 15 Millionen Autos, wie von der Ampelkoalition angepeilt, also entsprechend mehr, über 100 Milliarden Euro. Eine insbesondere dann fragwürdige Investition, wenn -und so sieht es realistisch aus- Elektroautos nicht einmal CO2 einsparen.

Fazit

Selbst unter der sehr engen und auch unter Klimaschutz-Aspekten nicht ausreichenden Begrenzung des Blicks auf CO2 sind E- Autos keine Klimaretter. Obwohl im direkten Vergleich -und nur da- besser als Verbrenner,   dürften sie insgesamt – durch ihren „CO2- Rucksack“ und dank der Verzögerung des Kohleausstiegs- eher sogar zu einem Anstieg der CO2- Emissionen beitragen. Damit verfehlen sie ihr Hauptziel und eigentliche Existenzberechtigung, die CO2-Reduktion. Andere Aspekte kommen hinzu: Rohstoffbedarf und -Preise werden sich vervielfachen, und damit auch die absehbare Abhängigkeit etwa von China.

Natürlich trägt eine Abkehr von fossil betriebenen Autos zu einer Verringerung der Abhängigkeit von Erdöl und auch zu einer Verringerung des weltweiten Ölbedarfs und dessen Förderung bei. Aber auch dies nur auf den ersten Blick. Denn real verzögert gerade die E- Mobilität den Abschied vom Öl: Die Diskussion und das gebannte Warten auf immer neue und angeblich verbesserte Elektro- Antriebs- und Speichertechnik und neue bevorstehende „Durchbrüche“ haben den Blick auf die HIER und JETZT möglichen drastischen Einsparungen beim Verbrenner vollständig verdrängt. Diese Diskussion, etwa unter dem Schlagwort vom „Drei-Liter-Auto“ , hat bis zum Aufkommen des „E- Hype“ für Effizienzverbesserungen und potentiell zur Senkung des Spritverbrauchs geführt. Sie wurde eingestellt, weil alle Welt auf den „Messias E-Auto“ wartet, der angeblich alle Probleme „ohne Nebenwirkungen“ (etwa: Verzicht) löst. Schon vor 25 Jahren hatte Greenpeace unter dem Namen SmILE (für Small, Intelligent, Light, Efficient) ein serienfähiges Verbrenner- Auto mit einem Verbrauch von unter drei Litern vorgestellt. Eine Anwendung der damals vorgestellten Techniken ermöglichte auch heute noch eine drastische Reduzierung des Ölverbrauchs, und zwar jetzt. Technisch gesehen ist alles da, es bedarf keinerlei weiterer Forschung, um Verbrenner mit minimalem Verbrauch zu bauen. Allerdings braucht es einen Modellwechsel, von „groß und prestigeträchtig“ zu „klein und effizient“. Es klingt paradox, ist aber wahr: Die Verringerung  des Ölverbrauchs ist am wirkungsvollsten und am schnellsten möglich durch Verbrenner. Sie wird hinausgezögert durch E- Autos.

Gerade dank der E- Auto-Diskussion passiert gegenwärtig aber das genaue Gegenteil. Unter dem Schirm der Erwartung auf den Heilsbringer E- Auto werden nicht nur die früheren Ansätze zu kleineren und sparsamen Autos vergessen (oder vergessen gemacht), es werden -da sie vorgeblich das Klima retten- gerade wieder besonders große Autos, nun mit E- Antrieb, hoffähig. Bei BMW gibt es einen i8, bei Daimler den EQS, bei Audi ein Ungetüm namens UrbanSphere. Alle genannten wiegen um oder über 3 Tonnen.  Gleichzeitig werden gezielt kleinere Modelle, etwa der i3 von BMW oder die A- Klasse bei Daimler, eingestellt. Die E-Mobilität hat große und schwere Wagen, im Mantel des Klimaretters, wieder möglich gemacht. GeradeTesla war für diesen verhängnisvollen Trend Vorreiter, aber alle anderen haben nachgezogen. Verbunden damit ist die dem Publikum suggerierte  Botschaft „Kauft große und möglichst viele E-Autos, dann wird alles besser, und alles kann beim Altern bleiben“.

Die Verkehrswende ist gerade dabei, dem E-Hype vollständig zum Opfer zu fallen. War es bis vor einigen Jahren zumindest noch ein gesellschaftlicher Trend, über weniger und kleinere Autos nachzudenken, so liegt der focus mittlerweile allein auf der Antriebs- Frage, egal für welche Art von Autos. Und das, obwohl elektrische Autos das Leben in den Städten genauso bedrängen und bedrohen wie bisher die Verbrenner, es gibt keinenUnterschied, und wenn, dann eher zum Schlechten. Feinstaub durch höhere Gewichte und extrem grosse Beschleunigungen nimmt ebenso zu wie Unfälle wegen lautloser Autos. Die Frage „wem gehört der Platz in der Stadt“ wird nicht mehr gestellt, obwohl e-Autos selbstverständlich ebenso viel Platz besetzen. Wollten wir nicht weniger Autos, kleinere Autos, weniger Strassen und Parkplätze, weniger Feinstaub, weniger Verkehrsopfer?

Wir haben all das, wie die Verkehrswende insgesamt, abgesagt, um stattdessen über Antriebe zu diskutieren, dank E- Autos. Das Ergebnis: Gleichviel oder sogar mehr CO2, und alle Probleme des Autos bleiben uns dank Elektromobilität eins zu eins erhalten. Eine bittere Bilanz, und nicht einmal CO2 wird eingespart.

Das alles sollte zu der zentralen Einsicht führen, dass nicht der Antrieb den Unterschied macht, sondern -bei BEV und ICE gleichermaßen- der Wille zum „downsizing“, Verkleinerung und auch Verzicht, auf allen Ebenen und unabhängig von der Technik. Also: Kleinere Fahrzeuge, weniger Autos, weniger Konsum auf anderen Gebieten. Der E- Hype gaukelt uns vor, es ginge alles „weiter so“ ohne jede Einschränkung. Und vielleicht ist genau das die Botschaft, die Politische Parteien ebenso wie Verbände ihrer Klientel gerne servieren, denn es ist eine wohlschmeckende und eingängige Botschaft: Ihr müsst nichts tun. Kauft ein E-Auto, dann wird alles gut. Das gefällt allen, den grünen Wählern genauso wie der Autoindustrie.

Das alles ist kein Plädoyer gegen Elektromobilität. Nur ist die Technik selbst wenig relevant, sie gibt uns keinen Freibrief. Wir müssen, wenn wir wirklich Klima- und auch Artenschutz wollen, herunter von liebgewonnenen Gewohnheiten, insbesondere dem verhängnisvollen Hang zu großen Autos, bei Verbrennern genauso wie bei BEV. Parallel zu dieser „Abrüstung“ können dann weitere Forschungen etwa an kobaltfreien Batterien, an neuen Speichermedien mit höherer Dichte, auch an Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen weitergeführt werden. Aber sie dürfen nicht -im Gewand des Klimaschutzes- als Alibi für Energieverschwendung, weitere automobile Aufrüstung und sogar CO2- Mehremissionen missbraucht werden.

W. Lohbeck, Mai 2022