Das Tesla Genehmigungsverfahren

Ein bemerkenswertes Verfahren…

Am Anfang stand eine Zahl: 2021. Indem das Unternehmen Tesla seine Entscheidung, die Gigafactory am Standort Grünheide zu errichten, an die Bedingung geknüpft hat, mit dem Produktionsstart im Jahre 2021 zu beginnen, ist das gesamte Verfahren über die Zulassung dieses Vorhabens unter einen Zeitdruck gestellt worden, der der Dimension des Vorhabens und seinen Auswirkungen auf die Region nicht gerecht werden kann.

Unter Hinweis auf erwartete positive regionale und überregionale wirtschaftliche Effekte sowie erwartete positive Auswirkungen des Vorhabens auf die Bekämpfung des Klimawandels in Deutschland hat sich das Land Brandenburg dem eigenen Bekunden nach verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten den Vorstellungen des Unternehmens Tesla zu entsprechen.

Was die staunende Öffentlichkeit seither erlebt, ist eine mit äußerstem Nachdruck geführte mediale Kampagne zu Gunsten der geplanten Industrieansiedlung sowie ein massiv beschleunigtes Verwaltungsverfahren, in dem sich Zulassungen vorzeitigen
Vorhabenbeginns nach § 8a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) und Ausnahmegenehmigungen aneinanderreihen – unter Inkaufnahme erheblichster Eingriffe in die Natur. Als Inbegriff hierfür steht die Rodung von rund 91 Hektar Wald im Zuge des ersten
bewilligten Antrags nach § 8a BImSchG zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht einmal die als Teil des Zulassungsverfahrens durchzuführende Öffentlichkeitsbeteiligung abgeschlossen war.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit führt auf seiner Homepage (https://www.bmu.de/themen/bildung-beteiligung/umweltinformation/aarhus-konvention/#c31974) zum Nutzen einer effektiven Öffentlichkeitsbeteiligung aus:

„Wirksamer Umweltschutz bedarf der aktiven Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Erfahrungen haben gezeigt, dass Beschwerden aus der Bevölkerung dazu beitragen, die mangelnde Umsetzung von Gesetzen oder europäischen Richtlinien aufzudecken. Grundvoraussetzung für eine solche aktive Rolle ist, dass jede und jeder Möglichkeiten hat, sich über die Umwelt zu informieren und sich in Entscheidungsprozesse einzubringen.“

Unter Hinweis auf die im Jahre 1998 von den Staaten der europäischen Region beschlossene Aarhus-Konvention wird sodann weiter darauf verwiesen, dass eine der drei Säulen der Bürgerbeteiligungsrechte der Aarhus-Konvention die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren ist, insbesondere bei der Zulassung von
Vorhaben mit erheblichen Umweltauswirkungen wie etwa Industrieanlagen und Infrastrukturmaßnahmen.

Denn die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren kann dazu beitragen, dass Umwelt und Naturschutz gebührend berücksichtigt werden. Dass eine solche Öffentlichkeitsbeteiligung dabei nicht nur pro forma erfolgen darf, sondern im Sinne einer ergebnisoffenen Betrachtung zu erfolgen hat, versteht sich von selbst.

Demgegenüber ist in dem Verfahren über die Zulassung der Gigafactory sowohl in weiten Teilen der medialen Berichterstattung als auch in einer Vielzahl an öffentlichen Äußerungen politischer Entscheidungsträger seit Bekanntwerden des Vorhabens der Eindruck erweckt worden, als stehe die Zulassung des Vorhabens bereits außer Frage.

Die Inanspruchnahme von Rechtsschutz gegen die erste Entscheidung nach § 8a BImSchG wurde öffentlich gar als „Prinzipienreiterei“ gebrandmarkt und medienwirksam Unverständnis über Kritiker der Industrieansiedlung geäußert.

Die Absage des eigentlich für den 18. März 2020 vorgesehenen Erörterungstermins über die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erhobenen Einwendungen ist angesichts der aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nachvollziehbar. Der weitere Umgang mit dieser Situation durch die Genehmigungsbehörde hingegen nicht.

Wenn das Landesamt für Umwelt insoweit verlautbaren lässt, dass die Verschiebung des Erörterungstermins keine Auswirkungen auf den Ablauf des Genehmigungsverfahrens haben werde, dann wirft dies ein Schlaglicht auf den Stellenwert, der der Öffentlichkeitsbeteiligung in diesem Verfahren anscheinend beigemessen wird.

In einer weiteren Zulassung vorzeitigen Vorhabenbeginns nach § 8a BImSchG, die das Landesamt für Umwelt der Tesla Manufacturing Brandenburg SE am 9. März 2020 erteilt hat, wird darauf verwiesen, dass die Einwendungsfrist mittlerweile abgelaufen sei und die geltend gemachten Bedenken nicht erkennen ließen, dass dem
Vorhaben erhebliche Genehmigungshindernisse entgegenstünden.

Dem Vernehmen nach sind 361 Einwendungen während des laufenden Beteiligungsverfahrens bei den zuständigen Stellen eingegangen. Ausgehend von Medienberichten, wonach am 5. März 2020 um 14.00 Uhr 270 Einwendungen vorlagen, sind allein in den letzten Stunden vor Ablauf der Einwendungsfrist am 5. März 2020 nochmals 91 Einwendungen übermittelt worden.

Dass all diese Einwendungen bereits kurz nach Ablauf der Einwendungsfrist verworfen wurden, können wir nicht nachvollziehen.
Wir halten an den geltend gemachten Einwendungen fest. Die Einwendungen betreffen Kernbelange einer Region, die durch das Vorhaben einer grundlegenden Umstrukturierung und weitreichenden negativen Auswirkungen auf den gesamten Lebensraum unterworfen zu werden droht.

Als Beispiel und stellvertretend für eine Vielzahl weiterer Einwendungen führen wir die folgenden Punkte an:

  • Der Wasserbedarf der Gigafactory wird jedenfalls auf Dauer nicht zu decken sein, ohne dass die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sowie der gesamte Wasserhaushalt der Region dadurch gefährdet zu werden drohen.
  • Die Abwasserentsorgung erscheint nicht hinreichend gesichert.
  • Das Vorhaben verstößt gegen die Belange des Natur- und Artenschut-
    zes.
  • Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist zweifelhaft.
  • Das Vorhaben und die für seine Realisierung erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen sowie die nachfolgenden Industrieansiedlungen werden unzumutbare Belastungen für die Bevölkerung in der Region sowie einen zusätzlichen massiven Landschafts- und Naturverbrauch bewirken.
  • Das Vorhaben ist mit den im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Unterlagen nicht hinreichend aussagekräftig und in seiner Dimension nur unzureichend beschrieben.
  • Bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit von Ausbaustufe 1 müssen die
    Zulässigkeit und Realisierbarkeit der weiteren geplanten Ausbaustufen mitbetrachtet werden.
  • Aufgrund der beträchtlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die gesamte Region sowie des planerischen Einschlags des Vorhabens müssen die Verfahrensprinzipien des Planfeststellungsrechts beachtet und insbesondere auch Standortalternativen ergebnisoffen geprüft werden.

Wir fordern daher eine Entschleunigung des Verfahrens und eine ergebnisoffene und intensive Auseinandersetzung mit den erhobenen Einwendungen.

Die Gemeinde Grünheide ist der falsche Standort für eine Industrieansiedlung mit der Dimension einer Gigafactory!